Reichsackerkopf

Wieder einmal sind wir nach Frankreich gereist aber diesmal nicht auf den Hausberg Hartmannsweilerkopf sondern ins Metzeral Tal bei Munster. Genauer gesagt nach Breitenbach um von dort den hart umkämpften Reichsackerkopf zu besuchen. Wer sich das als einfache Fahrt auf den Berg vorstellt, den müssen wir enttäuschen, denn es gibt so gut wie keinerlei Beschilderung zum Berg. Da wir das aber im Vorderfeld wussten sind wir vor der Anfahrt in das Touristenbüro nach Muster gegangen und haben uns dort eine Broschüre auf Deutsch geben lassen. In dieser Broschüre werden unter anderem alle Wanderwege, die über das ehemalige Kampfgebiet angeboten werden, aufgezeichnet. Dort werden auch einige interessante Bilder gezeigt sowie auch Geschichten und Beschreibungen einzelner Bauten angeführt. Es ist sehr empfehlenswert sich diese kostenlose Broschüre Reichsackerkopf vor der Anfahrt zu organisieren.

REICHSACKERKOPF – CHRONOLOGIE DER GROßEN KAMPFHANDLUNGEN

August 1914

Am 14. August überschreitet das 30. französische Jägerbataillon (30e bataillon de chasseurs à pied, BCP) am Hohneck die damalige deutsch-französische Grenze. Während das 152. Infanterieregiment, das später lange Zeit am Hartmannsweilerkopf kämpfen sollte, vom Col de la Schlucht aus in Richtung Munster vorgeht, folgt das 30e BCP dem Bergrücken, der sich vom Hohneck über Gaschney zum Reichsackerkopf zieht. Nach einem ersten Schusswechsel bei Gaschney stoßen die Jäger am Col du Sattel auf den Widerstand deutscher Soldaten, die sich am Kleinen Reichsackerkopf eingegraben haben und von Artillerie unterstützt werden. Die Franzosen zwingen die Deutschen zum Rückzug, das Kriegstagebuch des 30e BCP verzeichnet für dieses erste Gefecht am Reichsackerkopf neun Tote und 39 Verwundete.

September 1914

Die Franzosen, die am 22. August das von den Deutschen geräumte Colmar erreicht hatten, mussten sich unter dem Druck einer deutschen Gegenoffensive wieder in Richtung Grenze zurückziehen. Am 4. September stoßen die Soldaten des württembergischen Landwehr-Infanterieregiments 121 auf ihrem Weg Richtung Grenze im Wald unmittelbar westlich von Munster auf französischen Widerstand. In heftigen Kämpfen erobern die Württemberger unter hohen Verlusten den Reichsackerkopf, doch erhalten sie am frühen Morgen des folgenden Tages den Befehl, den Berg wieder zu räumen. Offenbar konnten benachbarte Einheiten nicht wie geplant vorstoßen, und die höhere Führung hält die Stellung auf dem Reichsackerkopf so für zu exponiert.

Februar 1915

Im Rahmen einer großen Offensive zwischen dem Hilsenfirst im Süden und dem Lingekopf im Norden greifen deutsche Truppen am 19. Februar den Reichsackerkopf erneut an und erobern den Gipfel – unter anderem offenbar, weil der französischen Artillerie die Munition ausgeht. Französische Gegenangriffe am 20. und 21. Februar scheitern letzten Endes, obwohl sie vorübergehend den Kleinen Reichsackerkopf erreichen.

März 1915

Während am Hartmannsweilerkopf schwere Kämpfe toben, greifen die Franzosen am 6. März auch am Reichsackerkopf wieder an und erobern beide Kuppen des Berges. Zwei Tage vorher wurden die bayerischen Truppen, die den Berg im Februar erobert und behauptet hatten, durch ältere badische Landsturmleute abgelöst, die vor dem Angriff französischer Jäger in Panik ins Tal fliehen. Die Bayern werden zurückgerufen und gehen direkt zum Gegenangriff über, doch bleibt der Reichsackerkopf nach heftigen Kämpfen vorerst in französischer Hand. Die Kämpfe dauern zwei Wochen lang an, der französische Soldat Felix Bouchet, dessen sterbliche Überreste 1971 gefunden werden, stirbt am 19. März auf dem Sattel zwischen Kleinem und Großem Reichsackerkopf. Das an diesen Kämpfen beteiligte 23e BCP verzeichnet vom 6. bis 18. März 128 Tote, 472 Verwundete und 212 Vermisste – das war rund die Hälfte der Stärke, mit der das Bataillon im August 1914 in den Krieg zog.

Am 20. März greifen die Deutschen nach starker Artillerievorbereitung ein weiteres Mal an und erobern die beiden Kuppen des Reichsackerkopfs zum dritten Mal. Französische Gegenangriffe am 21. und am 23. März scheitern. Ein Grund dafür ist, dass die vorderen Gräben so nahe beieinander liegen, dass sie von der Artillerie nicht beschossen werden können, ohne die eigenen Infanteristen zu gefährden.

Juli 1915

Die letzten großen Kampfhandlungen am Reichsackerkopf erfolgen – wie schon im Februar – im Zusammenhang mit einer größer angelegten Operation. Dieses Mal sind es allerdings die Franzosen, die, rund einen Monat nach ihrer erfolgreichen Offensive auf Metzeral, angreifen. Der Angriff auf den Reichsackerkopf soll diesen nicht nur endgültig in französischen Besitz bringen, sondern auch die Deutschen vom Schwerpunkt des Angriffs auf den Höhen nördlich von Munster, am Lingekopf und seinen Nachbarn, ablenken.

Am 20. Juli können französische Jägerbataillone vorübergehend auf dem Kleinen Reichsackerkopf Fuß fassen, an dem sie bereits im Frühjahr schwere Verluste erlitten haben. Unter dem Druck deutscher Gegenangriffe müssen sie dann aber nach schweren Nahkämpfen wieder zurückweichen. Die deutschen Angriffe dauern am folgenden Tag an, angesichts ihrer Verluste – rund 1000 Soldaten aus drei Jägerbataillonen – gibt die französische Führung den Plan auf, den Reichsackerkopf zu erobern. Einer dieser Soldaten ist der zwanzigjährige Jean Giovanni, dessen Überreste 2004 auf dem Kleinen Reichsackerkopf gefunden werden.